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Von der Seele reden...

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Letztes Wochenende haben sich mein Sohn (13) und ich mit meiner Mutter und ihrem Mann in Brandenburg getroffen, um dort gemeinsam das Grab meiner Oma, die letzten Oktober verstorben ist, zu besuchen und zu bepflanzen. Ich wohne mit meinen Sohn in NRW und meine Mutter mit Mann in Sachsen, und weil wir keine Verwandten mehr in Brandenburg haben, wo wir hätten übernachten können, haben wir uns alle in deren Wohnmobil "gequetscht".
Letzten Sommer hat es ganz gut geklappt, nachdem wir uns spontan dazu entschlossen hatten, die Oma gemeinsam im Seniorenheim zu besuchen. Deswegen dachte ich wirklich, der Mann meiner Mutter ist inzwischen doch so anständig, dass man es mit ihm auf diese Weise zwei Tage aushalten kann. Man muss sich eben auch etwas zusammen nehmen und sich nicht alles so zu Herzen nehmen, was er so von sich gibt. Der Mann meiner Mutter und ich hatten nämlich schon immer Schwierigkeiten miteinander. Aber allein wegen meines Sohnes,der seine Oma sonst nur zwei bis drei Mal im Jahr sieht, lohnt es sich schon, sich mit positiven Gedanken auf diesen Kurzurlaub einzulassen.
Aber nein...

Statt mit einem "Guten Morgen" geweckt zu werden, bekommen wir von diesem Mann zu hören: "So, die können sich ihre Brötchen heute selber holen. Wir sind hier kein Hotel." PENG! Super Voraussetzung, um miteinander in einen wunderschönen Tag zu starten, nicht wahr?
Und jetzt komme ich mir wieder vor, wie der letzte Arsch! Unwillkommen, seiner Gastfreundschaft nicht würdig, wertlos, gedemütigt.

Schon am Vortag gab es so eine überflüssige Diskussion über das Haarewaschen im Wohnmobil. Ich habe dünnes, schnell fettendes Haar und versuchte mit meiner Mutter zu eruieren, welche Möglichkeiten es gibt, sich die Haare zu waschen, weil es in dem klitzekleinen Wohnmobil-Bad nur ein klitzekleines Waschbecken gibt. Da steht dieser Mann daneben und statt das Thema als Weiberkram abzuwinken oder einen Vorschlag zu machen, schimpft er eine viertel Stunde lang auf mich ein: Neehehehe... HIER NICHT! Das macht deine Mutter nicht, das macht sonst keiner und DU auch nicht! Man kann doch mal EIN Wochenende ohne ... (Zeigt mir einen Vogel) u.s.w..

Ich muss sagen, dass ich mich um des lieben Friedens Willen, und meiner Mama zuliebe, ohnehin schon sehr anpasse und mit einer innerlichen Aufbauliste herumlaufe, um mit diesem Menschen und seiner Art umgehen zu können. Anders funktioniert es sonst nicht mit uns. Denn wenn ich mich auf sein Niveau begebe, kann ich gleich meine Sachen packen.
So habe ich das letzten Samstag denn auch gemacht: Nach der Brötchen-Debatte war mir klar, dass die Stimmung gekippt ist. Also haben wir unsere Klamotten gepackt und sind abgereist.

Denn dieser Mensch hat mich schon derart provoziert, dass ich wegen meiner darauf folgenden Reaktion jahrelang Hausverbot von ihm bekam. (Ich habe ihn, der für einen Mann ungewöhnlich dünn ist, einen "Klappstuhl" genannt, nachdem er sich vor geladenen Gästen ausführlich über mein damaliges Untergewicht lustig gemacht hat.) Und einmal habe ich meine Aggression so böse an meine Mutter fehlgeleitet, dass sie monatelang nicht mehr mit mir sprach. Am schlimmsten war's aber im Teenie-Alter. Ich habe ihn sogar einmal geschlagen. (Da fällt mir ein: Ich habe ihn auch mal im Armdrücken besiegt: Ich, w, 154 cm, 45 kg :-) Das hat mir sicher auch keine Sympathiepunkte eingebracht.) Kaum 18 J. bin ich auch abgehauen und habe monatelang nichts von mir hören lassen.

Heute bin ich über 40 und mein oberstes Ziel ist es, jeden Tag etwas Glück zu empfinden oder an etwas Freude zu haben. Ich bin harmoniebedürftig (schon immer gewesen), extrem überempfindlich, schnell erschöpft und müde und leide an immer wiederkehrenden Infektionen. Bis vor drei Jahren war ich Alkoholikerin, um meine Depressionen zu betäuben. Meine Mutter leugnet bis heute, dass ich eine Trinkerin war! Ich vertrage keinen Stress mehr, schon gar keinen Unfrieden. Ja, und wenn ich so auf meinem Friede-Freude-Eierkuchen-Trip wandle, dann nockt mich dieses unverständliches Verhalten meines "Stiefvaters" einfach aus. Warum können andere Menschen nicht auch dazu lernen und an sich arbeiten? Warum muss ICH mich immer anpassen und klein machen (lassen)? Es ist, als hätte ich keine Kraft und keine Waffen mehr. Ich könnte nur heulen: Womit habe ich das verdient? Und dann frage ich mich, warum ist dieser eine Mensch in der Lage, in mir ein so verletztes Gefühl auszulösen und warum reagiere ich darauf wie ein Kind?

Meine Schwester meint dazu: "Arschloch" denken!
Ja, kann ich, hilft aber irgendwie nicht mehr. Ich wache morgens auf und fange gleich an zu heulen. Ich fühle mich so verletzt, allein gelassen und verstehe nicht warum er so mit mir umgeht. (Mit meiner Mutter und Schwester übrigens auch.) Es muss doch möglich sein, dass sich erwachsene Menschen zumindest mit einem gewissen Maß an Höflichkeit begegnen. Man kann doch nicht jeden, den man nicht leiden kann... Moment: Dann kann er ja meine Mutter auch nicht leiden. ...ja, was wäre denn dann los in unserer Gesellschaft? In der Familie ist das ja noch schlimmer!
Und überhaupt: Wenn ER in unserer Familie ein solches Maß an Ablehnung aufgrund von Unsympathie erfahren hätte, wie er es mir zukommen lässt, wäre er bestimmt nicht mehr so selbstsicher in seinem Verhalten. Keiner konnte oder kann ihn leiden und niemand versteht, wie meine Mutter sich mit ihm zusammen tun konnte. Aber, gesagt wurde das nur hinter seinem Rücken, nur ich hab's mir nicht gefallen lassen. Deswegen bin ich ja auch das schwarze Schaf in seinen Augen.

Er kam übrigens in unsere Familie, als ich noch ein Teenager war. Bis dahin war ich mehr oder weniger mir selbst überlassen: Meine Mutter war allein erziehend und ganztags arbeiten. (Letztens habe ich einen Kurs mitgemacht: „Starke Kinder brauchen starke Eltern“ und meine Mutter gefragt, was denn ihre Erziehungsziele waren. Ähm... ??? - Genauso habe ich das auch in Erinnerung!) Ich war statt dessen die Bezugsperson für meine kleine Schwester! Und dann kommt dieser Mann und belehrt mich darüber, dass man einen Schraubendreher nicht in die Steckdose stecken darf. Hallooo? Aber darüber, dass er einen ständig mit überflüssigen Belehrungen zumüllt, und das in einem Tonfall, als würde man beabsichtigen, genau das zu tun, z.B. das Wohnmobil-Bad überschwemmen – yeah!, sehe ich schon lange hinweg: Blablabla... Auch darüber, dass ER jedoch keinesfalls belehrt werden darf, wenn ihm Fehler z.B. aus Ahnungslosigkeit oder Unkenntnis unterlaufen: „DU sei mal ganz still! Als ob DU Ahnung davon hättest. Hahaha...“. (Man muss kein Friedhofsgärtner sein, um sich ausmalen zu können, wie Omas Grab in vier Wochen aussehen wird, nachdem er es komplett mit der Erde von Opas eingeebnetem, zugewuchertem Grab bedeckt hat.)

Es war und ist nicht einfach sich drüber zu stellen aber ich fand ja auch immer Zuspruch, Trost und Rat bei meiner Tante, die mir etwas mütterliche Herzlichkeit ersetzte und meine Kreativität erkannte und würdigte, und bei meiner Oma, die um mein Verständnis für meine Mutter warb. Aber nun sind beide gestorben und (jetzt kullern wieder die Tränen) vielleicht hat es auch mit meiner Trauer zu tun, dass ich mich nach diesem Eklat so getreten und alleine gelassen fühle. Es ist niemand mehr da, mit dem ich darüber reden kann, wie mit diesen Beiden.

Aber ich fühle mich schon etwas leichter, nachdem ich dies hier aufgeschrieben habe :-)
Gibt es eigentlich auch Kurse, in denen man lernen kann mit solchen Menschen/Situationen/Gefühlen umzugehen?

Danke für's Lesen! :-)

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