Auf Anforderung hier der Anfang der Geschichte, aus der ich neulich einen Ausschnitt gepostet habe. Viel Spaß damit, ich freue mich über jedes Feedback. Ich persönlich halte den Prolog für nicht wirklich gelungen, weil ich einfach ein Mittel brauchte, um in die Handlung einzuführen, ich finde das wirkt in dem Zusammenhang etwas plump, aber falls jemand dennoch weiterlesen will, werde ich das erste Kapitel demnächst auch noch posten.
Das ganze Buch gliedert sich in die drei Teile "Rebellion", "Revolution" und "Realität" und beschreibt abgesehen von den Biographien der Protagonisten die Entwicklung einer fiktiven europäischen Gesellschaft vor und während einer Revolution, die von den Protagonisten angezettelt und durchgeführt wird. In "Realität" erzählt der Sohn von Phyllis die Geschichte knapp 20 Jahre später zu ende, als Europa sich von der Revolution erholt.
Teil I:
Rebellion
Prolog
In einem kleinem Ort in England, irgendwo zwischen London und Birmingham im Jahre 2130 schien zum ersten Mal in diesem Sommer die Sonne.
Zwei Frauen, beide ende Fünfzig, saßen ruhig und gesittet auf den Korbstühlen im Außenbereich eines Cafés. Die Kleinere von beiden, penibel herausgeputzt, die Haare auf Höhe der Wangenknochen am Kopf befestigt, saß kerzengerade auf ihrem Stuhl und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Ihre systematische Kurzhaarfrisur, die keine Fehler zuließ, war an den Schläfen schon grau meliert, doch das war das einzige Merkmal, das auf ihr fortschreitendes Alter hindeutete. Um ihre Augen gab es ein sternförmiges Muster aus Fältchen, wenn die Frau lächelte, doch da das so gut wie nie der Fall war, fiel es keinem auf. Sie war in ein fuchsienfarbenes Kostüm gekleidet, das schlicht und zeitgemäß wirkte und ihrer Frisur etwas von ihrer Ungewöhnlichkeit für dieses Jahrhundert nahm. Das war auch dringend notwendig, denn es gab nichts Schlimmeres, als durch sein Äußeres negativ aufzufallen. An ihrer Seite saß eine andere Frau, etwas korpulenter, etwas größer, mit langem, seidigem braunem Haar, das sie auf dem Hinterkopf zu einem Knoten aufgesteckt hatte und das von weißen Strähnen durchzogen war. Sie trug roten Lippenstift, schwarzen Lidstrich und hatte sorgsam manikürte Fingernägel. Ihr Kostüm, ein schwarzer Rollkragenpullover mit Spitze an Ärmeln und Saum, eine schwarze Tafthose und schwarze Pumps, aus denen oben ihr hoher Spann herausquoll, unterschied sich im Stil nicht von dem der fuchsienroten Frau, aber es war unvorteilhaft für ihre Figur (bei den Problemstellen, die sie hatte, und die auch im Sitzen noch nicht zu übersehen waren, stellte sich allerdings die Frage, was sie denn überhaupt vorteilhaft gekleidet hätte).
Die zwei Damen waren die Elite der europäischen Gesellschaft, hatten zu allem etwas zu sagen, ohne wirklich gebildet, Anteil nehmend oder anders im Bilde zu sein, kannten alles und jeden und setzten jeden Trend fest. Sie lebten nach einem Gesellschaftssystem, das nicht weniger einfach als moralisch zwielichtig war. Man hätte nicht sagen können, dass der Großteil der Bürger besonders konservativ oder fremdenfeindlich war. Aber durch das jahrelange Schubladendenken, das gelehrt und praktiziert wurde, hatten Vorurteile die politische Einstellung abgelöst. Nach der Wirtschaftskrise hatte der neu gewonnene Luxus die Freiheit verdrängt, und im Reichtum und Wohlstand hatten alle, die anders waren, egal in welcher Hinsicht, keinen Platz. Keinem war es mehr erlaubt, einen anderen Weg zu gehen und an jeder Ecke wurde daran erinnert, wie die großen Revolutionen der Geschichte fast ganze Völker ausgerottet hätten und dass jede Veränderung, die vom Volk ausging, bisher nur Armut, Tod und Gewalt gebracht hatte. Es wurden Doktrinen verbreitet wie zur Kolonialzeit, die Geschäfte verkauften alle das gleiche Sortiment und Importprodukte wurden auf die traditionellen Materialien wie Baumwolle, Kaffee, Tee und Kakao reduziert. Selbstverständlich war es nicht verboten, anders zu sein, es wurde geduldet mit schiefen Blicken, Flüstern und Intrigen. Also, eigentlich wurde es doch nicht geduldet. Durfte nur keiner wissen. Als ein junges Mädchen an den beiden Damen vorbei ging, folgten die zwei mit exakt demselben Gesichtsausdruck der Bewegung. Dann steckten sie die Köpfe zusammen und fingen an zu tuscheln. Ist das , ja, unverkennbar, die Haare, sieh nur, ihre Erscheinung, das ist unerhört ungewöhnlich hast du schon gehört, sie soll , Wer hat es denn nicht gehört, jeder weiß es, eine Schande, sie sollte sich schämen. Aber dass sie sich dann noch traut , Solche Leute gehören weggesperrt. Ich meine, es wäre ja nicht schlimm, wenn sie es nicht so offen tun würde Man muss doch nicht jedem gleich ansehen, dass er anders ist.
Die Wahrheit war, dass die beiden Frauen niemals auch nur einen Gedanken an die Möglichkeit verschwendet hätten, dass es da draußen noch ein anderes Leben gibt. Sobald sie ihr System verlassen hätten, wäre nämlich etwas zusammengebrochen, was nach der Wirtschaftskrise mühsam aufgebaut worden war. Durch die plötzliche Armut hatten die Menschen ihr Vertrauen in Wirtschaft, Politik und vor allem in ihre eigene Situation verloren. Nach der Umverteilung des Privatvermögens war die einzige Möglichkeit, diesen Glauben an eine stabile Lebenssituation aufrecht zu erhalten, die Menschen in einem System zu lassen. Und hier ergab sich die Illusion, dass Geld gerecht verteilt war, und vor allem war ausreichend Geld da. Solange die Menschen diese Illusion verfolgten, konnte der Regierung nichts passieren. Und solange keiner auf die Idee kam, irgendetwas zu kritisieren, musste auch niemand was ändern. Das war allseits willkommen, denn es war bequem. Störenfriede mussten eliminiert werden.
Wir verlassen das Café mit unseren Musterbeispielen englischer Gesellschaft. Man hat ihrer Meinung nach nicht anders oder außergewöhnlich zu sein, denn das schürt die Angst vor dem eigenen Absturz, in dieser Zeit vielleicht mehr denn je. Aber ist es nicht immer derjenige, der anders ist, den ein besonderes Schicksal ereilt?
Das ganze Buch gliedert sich in die drei Teile "Rebellion", "Revolution" und "Realität" und beschreibt abgesehen von den Biographien der Protagonisten die Entwicklung einer fiktiven europäischen Gesellschaft vor und während einer Revolution, die von den Protagonisten angezettelt und durchgeführt wird. In "Realität" erzählt der Sohn von Phyllis die Geschichte knapp 20 Jahre später zu ende, als Europa sich von der Revolution erholt.
Teil I:
Rebellion
Prolog
In einem kleinem Ort in England, irgendwo zwischen London und Birmingham im Jahre 2130 schien zum ersten Mal in diesem Sommer die Sonne.
Zwei Frauen, beide ende Fünfzig, saßen ruhig und gesittet auf den Korbstühlen im Außenbereich eines Cafés. Die Kleinere von beiden, penibel herausgeputzt, die Haare auf Höhe der Wangenknochen am Kopf befestigt, saß kerzengerade auf ihrem Stuhl und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Ihre systematische Kurzhaarfrisur, die keine Fehler zuließ, war an den Schläfen schon grau meliert, doch das war das einzige Merkmal, das auf ihr fortschreitendes Alter hindeutete. Um ihre Augen gab es ein sternförmiges Muster aus Fältchen, wenn die Frau lächelte, doch da das so gut wie nie der Fall war, fiel es keinem auf. Sie war in ein fuchsienfarbenes Kostüm gekleidet, das schlicht und zeitgemäß wirkte und ihrer Frisur etwas von ihrer Ungewöhnlichkeit für dieses Jahrhundert nahm. Das war auch dringend notwendig, denn es gab nichts Schlimmeres, als durch sein Äußeres negativ aufzufallen. An ihrer Seite saß eine andere Frau, etwas korpulenter, etwas größer, mit langem, seidigem braunem Haar, das sie auf dem Hinterkopf zu einem Knoten aufgesteckt hatte und das von weißen Strähnen durchzogen war. Sie trug roten Lippenstift, schwarzen Lidstrich und hatte sorgsam manikürte Fingernägel. Ihr Kostüm, ein schwarzer Rollkragenpullover mit Spitze an Ärmeln und Saum, eine schwarze Tafthose und schwarze Pumps, aus denen oben ihr hoher Spann herausquoll, unterschied sich im Stil nicht von dem der fuchsienroten Frau, aber es war unvorteilhaft für ihre Figur (bei den Problemstellen, die sie hatte, und die auch im Sitzen noch nicht zu übersehen waren, stellte sich allerdings die Frage, was sie denn überhaupt vorteilhaft gekleidet hätte).
Die zwei Damen waren die Elite der europäischen Gesellschaft, hatten zu allem etwas zu sagen, ohne wirklich gebildet, Anteil nehmend oder anders im Bilde zu sein, kannten alles und jeden und setzten jeden Trend fest. Sie lebten nach einem Gesellschaftssystem, das nicht weniger einfach als moralisch zwielichtig war. Man hätte nicht sagen können, dass der Großteil der Bürger besonders konservativ oder fremdenfeindlich war. Aber durch das jahrelange Schubladendenken, das gelehrt und praktiziert wurde, hatten Vorurteile die politische Einstellung abgelöst. Nach der Wirtschaftskrise hatte der neu gewonnene Luxus die Freiheit verdrängt, und im Reichtum und Wohlstand hatten alle, die anders waren, egal in welcher Hinsicht, keinen Platz. Keinem war es mehr erlaubt, einen anderen Weg zu gehen und an jeder Ecke wurde daran erinnert, wie die großen Revolutionen der Geschichte fast ganze Völker ausgerottet hätten und dass jede Veränderung, die vom Volk ausging, bisher nur Armut, Tod und Gewalt gebracht hatte. Es wurden Doktrinen verbreitet wie zur Kolonialzeit, die Geschäfte verkauften alle das gleiche Sortiment und Importprodukte wurden auf die traditionellen Materialien wie Baumwolle, Kaffee, Tee und Kakao reduziert. Selbstverständlich war es nicht verboten, anders zu sein, es wurde geduldet mit schiefen Blicken, Flüstern und Intrigen. Also, eigentlich wurde es doch nicht geduldet. Durfte nur keiner wissen. Als ein junges Mädchen an den beiden Damen vorbei ging, folgten die zwei mit exakt demselben Gesichtsausdruck der Bewegung. Dann steckten sie die Köpfe zusammen und fingen an zu tuscheln. Ist das , ja, unverkennbar, die Haare, sieh nur, ihre Erscheinung, das ist unerhört ungewöhnlich hast du schon gehört, sie soll , Wer hat es denn nicht gehört, jeder weiß es, eine Schande, sie sollte sich schämen. Aber dass sie sich dann noch traut , Solche Leute gehören weggesperrt. Ich meine, es wäre ja nicht schlimm, wenn sie es nicht so offen tun würde Man muss doch nicht jedem gleich ansehen, dass er anders ist.
Die Wahrheit war, dass die beiden Frauen niemals auch nur einen Gedanken an die Möglichkeit verschwendet hätten, dass es da draußen noch ein anderes Leben gibt. Sobald sie ihr System verlassen hätten, wäre nämlich etwas zusammengebrochen, was nach der Wirtschaftskrise mühsam aufgebaut worden war. Durch die plötzliche Armut hatten die Menschen ihr Vertrauen in Wirtschaft, Politik und vor allem in ihre eigene Situation verloren. Nach der Umverteilung des Privatvermögens war die einzige Möglichkeit, diesen Glauben an eine stabile Lebenssituation aufrecht zu erhalten, die Menschen in einem System zu lassen. Und hier ergab sich die Illusion, dass Geld gerecht verteilt war, und vor allem war ausreichend Geld da. Solange die Menschen diese Illusion verfolgten, konnte der Regierung nichts passieren. Und solange keiner auf die Idee kam, irgendetwas zu kritisieren, musste auch niemand was ändern. Das war allseits willkommen, denn es war bequem. Störenfriede mussten eliminiert werden.
Wir verlassen das Café mit unseren Musterbeispielen englischer Gesellschaft. Man hat ihrer Meinung nach nicht anders oder außergewöhnlich zu sein, denn das schürt die Angst vor dem eigenen Absturz, in dieser Zeit vielleicht mehr denn je. Aber ist es nicht immer derjenige, der anders ist, den ein besonderes Schicksal ereilt?