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Gedanken zum Thema Leistungsgesellschaft und Erfolg

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Warum stehe ich jeden morgen auf wenn der Wecker klingelt? Warum nicht umdrehen und weiterschlafen? Warum sitze ich 5 Tage die Woche die 8 bis 9 besten Stunden des Tages in einem Büro und erledige Aufgaben im Dienste Anderer, während draußen direkt vor dem Fenster die große Freiheit auf den Feierabend wartet? Wäre die Zeit mit einem erholsamen und gesundem Ausflug in die Natur nicht viel sinnvoller und besser genutzt?

Nein, denn ich möchte schließlich Geld verdienen, möchte mir tolle Dinge leisten können, möchte etwas erreichen, möchte weiterkommen, möchte mehr Verantwortung. möchte mehr Geld, möchte mir das Ansehen und die Anerkennung anderer sichern, möchte etwas Sinnvolles mit meiner Zeit anfangen. Der Austausch mit meinen Kollegen befriedigt überdies meine sozialen Bedürfnisse nach Anschluss und Kommunikation. Ja, ich habe sogar Spaß dabei. Und überhaupt, hätte ich keinen Job, wäre das Leben doch viel zu langweilig, was sollte ich denn dann mit der ganzen Zeit anfangen?!

Deshalb arbeite ich, deshalb stehe ich morgens auf. Deshalb funktioniere ich – im Rahmen der obengenannten Parameter. Der Einstellungen und Wertvorstellungen unserer Gesellschaft. Gesellschaftskritik? Ödet mich an! Endlose Diskussionen über systemimmanente Fehlentwicklungen, alternierende Wirtschafssysteme, soziale Ungerechtigkeit und sozialistische Utopien vs kapitalistische Defizite – Zeitverschwendung. Marktinterventionismus vs. Laissez-faire? – Mühselig.

Obengenannte Wertvorstellungen habe ich wie wohl die Meisten unhinterfragt übernommen und angenommen und funktioniere deshalb im Rahmen gängiger Wert und Zielvorstellungen als wertvolles und steuer- wie sozialabgabenpflichtiges Mitglied im Gemeinwesen der der deutschen Volkswirtschaft und trage meinen Teil zum Inlandsprodukt durch meinen Konsum bei. Ich zähle zur großen Gruppe der deutschen Arbeitnehmerschaft und trage damit meinen Teil dazu bei, diese Gesellschaft tragfähig zu halten.

Es gibt also tausend gute Gründe, warum alles so ist wie es ist. Doch hin und wieder, in lichten Momenten keimt doch ein Zweifel auf – ich führe beispielsweise eine zähe Kundenverhandlung, oder mühe mich mit dem Abschluss eines wichtigen Berichts und denke mir plötzlich, wofür eigentlich? Mache ich das wirklich für mich selbst oder nur für die oktroyierten Einstellungen der tragfähigen Mehrheitsgesellschaft und um deren Erwartungen gerecht zu werden? Den Erwartungen des Arbeitsgebers, des Staates, der Familie, der Freunde, der Nachbarn vor denen ich mit meinem Erfolg glänzen möchte…?! Und da ist er, der subversive Keim des Zweifels, der zum Generalangriff auf die Linien der Leistungsgesellschaft bläßt, die Wertvorstellungen von Millionen Menschen unterminiert.

Ich verdiene durchschnittlich, sagen wir um die 2000 € Netto. Davon Verbrauche ich pro Monat mit allem Drum und Dran zwischen 800 € und 900 €. Andere würden sagen, ich lebe sparsam, mir fehlt es jedoch an nichts. Von unnötigen Konsumtretmühlen halte ich nichts, Neuwägen machen mich nicht glücklicher und in meiner ohnehin knapp bemessen Freizeit erhole ich mich am liebsten z.B. bei einer guten Lektüre oder einem Ausflug in die Natur von der harten Arbeitswoche – Kostenpunkt nahe null. Objektiv langweilig? Mag stimmen. Subjektive Realität? Ich kenne keine Langeweile. Dieses Gefühl ist mir unbekannt, selbst wenn ich einfach mal eine Stunde auf einer gemütlichen Bank sitze, die Ruhe genieße und sage und schreibe einfach mal – nichts – tue. Würde ich Lotto Millionen gewinnen, ich würde sofort kündigen ohne ansonsten viel zu ändern. Klar mag ich teurere Sportwägen, klar finde ich Weltreisen klasse – nur bin ich bereit dafür mehr zu arbeiten, mehr Verpflichtungen auf mich zu landen und damit meine Freiheit zu beschneiden? Eigentlich nicht.

Warum verschleudere ich also immer noch einen Drittel des Tages im Auftrag der Interessen und Ziele Anderer? Ich oute mich mal an dieser Stelle. Ich bin ein Feigling. Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Ich stehe morgens auf um den Erwartungen Anderer gerecht zu werden, aus Pflichtgefühl gegenüber Arbeitgeber und Familie. Ich stehe auf um den Spielregeln der Leistungsgesellschaft gerecht zu werden, aus Angst diese zu brechen, denn sie sitzen tief…noch.

Würde ich tatsächlich nach meinen eigenen Bedürfnissen und Wünschen leben, würde ich mir eine Halbtagesstelle suchen und mir für den Rest des Tages den größten Luxus gönnen, den das Leben zu bieten hat. Ein Luxus so sagenhaft und selten, dass selbst Könige und Milliardäre ihn sich nicht leisten (können). Völlig frei und unabhängig über die eigene Lebenszeit verfügen. Mein Ziel, meine Vision. Langfristig am besten Selbständigkeit.

Ein Hilferuf ist diese freilich nicht. Ich möchte mich hier mitteilen, zum nachdenken anregen, Meinungen zum Thema einholen, evt. Erfahrungen mit dieser Art der Selbstverwirklichung bzw. des Lebensentwurfs.

Was versteht ihr denn unter Erfolg?

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